Globale Wissenskooperation als Motor für tiefgreifenden Wandel
Die Covid-19-Pandemie hat uns in den letzten Monaten gezeigt, wie verwundbar unsere globalisierten und vernetzten Gesellschaften sind, wie untrennbar nationale und internationale Politik miteinander verbunden sind und, dass eine solche Krise fast alle Politikbereiche und Ressorts betrifft. Sozial-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik sind genauso gefordert wie die Bildungs- oder die Finanzpolitik. Aber die Krise hat nicht nur Schwachstellen aufgezeigt. Sie bietet auch Chancen: für eine globale Wissenskooperation, für neue Stellschrauben nachhaltiger Entwicklung, die Förderung des globalen Gemeinwohls und gemeinsame Lernprozesse.
Die ersten Reaktionen auf die Krise waren nationalstaatlich und haben zunächst in vielen Ländern eine Abschottung hervorgerufen. Grenzen wurden geschlossen, Wirtschaftsverbindungen unterbrochen und Politik dem Primat der Gesundheit der eigenen Bürger*innen unterworfen. In der Phase der Erholung und des Aufschwungs werden wir allerdings ohne globale Kooperation, Dialog und das Bündeln von Handlungsmacht scheitern. Denn wir konnten auch in der Krise bereits beobachten, wie sich die Politik in vielen Ländern auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützt und Vorgaben anpasst, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. Nationale Politiken beriefen sich auch auf die – leider oftmals leidvollen – Erfahrungen anderer Länder. Daten zu Infektionszahlen, die Erfolgsbewertung anderer Maßnahmen dominierten die Tagespresse. Selten waren Nationalstaaten so sehr darauf angewiesen, die Effekte der Politik anderer Staaten zu vergleichen und Schlüsse für die eigene Politik zu ziehen. Die Länder, die es geschafft haben, Einschränkungen im individuellen Verhalten ihrer Bürger*innen wissenschaftlich zu begründen und klar zu kommunizieren, dass solidarisches Verhalten ausschlaggebend ist für die kollektive Sicherheit, waren bislang am erfolgreichsten im Kampf gegen das Virus. Staaten, die bereit waren, von den Erfahrungen anderer zu lernen, konnten die Infektionszahlen senken und die wirtschaftlichen und sozialen Kosten geringhalten.
Wir sollten über die Corona-Krise hinaus den Mut haben, von und mit anderen zu lernen – auch bei Fragen wie der Senkung der Treibhausgasemissionen, der Transformation unserer Energiesysteme, der Digitalisierung oder der Neugestaltung unserer Mobilität. Wir sollten auch in diesen Fragen die Erfahrungen anderer Staaten und das Wissen lokaler Expert*innen wertschätzen, sowie über den Austausch mit ihnen ganz unterschiedliche Netzwerke über Skalen-, Sektorgrenzen und Regionen hinweg zum Tragen bringen. Die Corona-Krise hat innerhalb von Gesellschaften die Verwundbarkeit marginalisierter Gruppen schmerzhaft deutlich gemacht; sie sollte uns im positiven Sinne für den Einsatz für mehr globale Gerechtigkeit motivieren. Wissensproduktion und -kooperation sind dabei keine Einbahnstraße, sondern müssen auf Augenhöhe und im gegenseitigen Austausch stattfinden. Die Erfahrungen mit der Corona-Krise können zusammen mit der Agenda 2030 als gemeinsamer Kompass für eine Transformation unserer Wirtschafts- und Sozialsysteme, unserer Finanz- und Arbeitswelt, unserer Bildungs- und Gesundheitswesen für mehr Nachhaltigkeit dienen, die die Bedürfnisse zukünftiger Generationen sichert – ganz im Sinne des Brundtland-Berichts von 1987. Versäumen wir es nicht, diesen globalen Kompass zu nutzen.
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Einen sinnvollen Ausweg aus der Krise zeigen bereits ausgearbeitete Degrowth-Konzepte.
https://www.degrowth.info/en/2020/03/a-degrowth-perspective-on-the-coronavirus-crisis/
https://www.postwachstum.de/
https://de.wikipedia.org/wiki/Wachstumskritische_Bewegung
https://www.jenseits-des-wachstums.de
https://degrowth.org/
https://www.kolleg-postwachstum.de/
https://wachstumswende.de
#Wirtschaftsschrumpfung #Postwachstumsökonomie